***Die Aufzeichnung finden Sie am Ende dieses Artikels***
„Wir alle, Palästinenser*innen und Israelis, müssen mit aller Entschlossenheit danach streben, diese Realität zu verändern und eine bessere Zukunft für unsere Kinder zu ermöglichen.“ Diese klare Botschaft hatte die Palästinenserin Najlaa für alle Menschen, die die diesjährige israelisch-palästinensische Gedenkzeremonie verfolgten.
Die Aktivistin, die im Westjordanland lebt, hatte eine schriftliche Botschaft geschickt, die bei der Veranstaltung verlesen wurde. Persönlich konnte sie nicht teilnehmen – so wie viele andere palästinensische und auch israelische Aktivist*innen. Zu groß waren in diesem Jahr die Unsicherheit und die Angst vor möglichen Anfeindungen oder gar Angriffen. Zu groß der Druck, unter dem sowohl in Israel als auch in Palästina diejenigen stehen, die an die Menschlichkeit appellieren und es wagen, den Schmerz der jeweils anderen Seite anzuerkennen. Für Palästinenser*innen stellte es eine zusätzliche Hürde dar, überhaupt die notwendigen Einreisegenehmigungen zu bekommen.
Großes Interesse weltweit
Doch allen Widerständen und Sorgen zum Trotz luden die israelisch-palästinensischen Organisationen „Combatants for Peace“, ein langjähriger Partner des forumZFD, sowie das „Parents Circle - Familienforum“ auch in diesem Jahr wieder zu einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung ein, um an alle Opfern des Krieges zu erinnern und der gemeinsamen Trauer Raum zu geben. Die Zeremonie fand bereits zum 19. Mal statt. Während 2023 noch rund 15.000 Menschen in Tel Aviv teilnehmen konnten, musste die Veranstaltung aus Sicherheitsgründen in diesem Jahr in den virtuellen Raum verlagert werden. Mit nur einem kleinen Live-Publikum vor Ort wurde sie aufgezeichnet und am 12. Mai ausgestrahlt.
Krieg in Nahost
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In Israel, Palästina und auf der ganzen Welt versammelten sich Menschen, um die Gedenkzeremonie gemeinsam anzuschauen. In Köln hatte das forumZFD ins Bürgerzentrum Ehrenfeld eingeladen. Rund fünfzig Personen waren trotz des sommerlichen Wetters gekommen, viele weitere verfolgten die Zeremonie allein oder mit Freund*innen und Bekannten von zuhause aus.
Moderatorin Rima Jawabra Khatib bedankte sich bei dem internationalen Publikum für dieses Zeichen der Solidarität und der Anteilnahme: „Heute stehen wir alle auf der Seite der Menschlichkeit. Wir sind dankbar für jede einzelne Person, die sich entschieden hat, heute teilzunehmen und den Weg der Gewaltfreiheit und Versöhnung zu gehen.“
Kinder wünschen sich Frieden
Die diesjährige Zeremonie stand ganz unter dem Eindruck des aktuellen Krieges. Gleich zu Beginn baten die beiden Moderator*innen, die auf Hebräisch und Arabisch durch das Programm führten, das Publikum um eine Schweigeminute. Und sie erinnerten immer wieder an die Kinder, die in den Konflikt hineingeboren werden. Ihnen sei die Zeremonie gewidmet, so Moderatorin Rima Jawabra Khatib, und die Erwachsenen stünden in der Verantwortung, dass alle Kinder sicher aufwachsen und sich entfalten könnten.
In einem Video gleich zu Beginn erzählten einige Kinder und Enkelkinder von Aktivist*innen der „Combatants for Peace“ und des „Parents Circle - Familienforum“, was sie sich für die Zukunft wünschen. Die elfjährige Hiyuli aus Jerusalem sagte auf diese Frage: „dass alle Geiseln nach Hause kommen und dass alle, die gestorben sind, wieder am Leben sind.“ Ein anderes Mädchen aus Ramallah wünschte sich „dass wir in Sicherheit leben und das der Krieg morgen endet.“
In Trauer vereint
Der Appell an die Menschlichkeit zog sich wie ein roter Faden durch die Zeremonie. Immer wieder machten die Redner*innen auf die Trauer und das menschliche Leid aufmerksam, dass die Gewalt sowohl in Israel als auch in Palästina verursacht. Dieser schmerzliche Preis des Krieges wurde unter anderem dem Beitrag einer israelischen Mutter deutlich, deren Sohn beim Angriff der Hamas am 7. Oktober ermordet worden war. Sie bat eindringlich: „Keine Rache mehr, kein Töten! Ich sage das im Namen aller Mütter, die wollen, dass ihre Kinder eine Zukunft haben.“
Ihr Sohn habe die Zukunft nicht mehr, erzählte sie weiter. Immer wieder musste sie ihre Rede unterbrechen und um Fassung ringen. Sie verwies darauf, dass Familien auf beiden Seiten des Konflikts geliebte Menschen verloren hätten und in dieser Trauer vereint seien. „Mögen wir einen Weg finden, diesen Teufelskreis der Gewalt zu stoppen. Es gibt keine Gewinner in diesem Krieg.“
Über die Gedenkfeier
Bereits seit 2005 veranstalten die „Combatants for Peace“ und das „Parents Circle - Familienforum“ jedes Jahr eine gemeinsame israelisch-palästinensischen Gedenkfeier. Diese findet zeitgleich zum Yom Hazikaron statt, einem offiziellen Gedenktag, an dem in Israel an die Menschen erinnert wird, die in den Jahren des Krieges und der Gewalt ihr Leben verloren haben.
Traditionell wird dabei jedoch die palästinensische Perspektive ausgeblendet. Die Gedenkfeiern in Israel ehren nur die eigenen Opfer. Die gemeinsame Gedenkfeier verändert dieses Narrativ, indem sie Palästinenser*innen in die israelische Gedenkfeier einbezieht und allen Opfern des Krieges gedenkt.