Alles halb so wild? Mitnichten!
Die Absurditäten des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts schaffen Rechtsunsicherheit und behindern so die Zivilgesellschaft als unverzichtbaren Teil unserer lebendigen Demokratie. Wer meint, es ginge hier allein um schnöde Steuervorteile für Spenderinnen und Spender, irrt: Gemeinnützigkeit ist in Deutschland das Zugangskriterium schlechthin, um staatliche Fördermittel zu beantragen oder öffentliche Räume anzumieten.
Die Rüstungsindustrie kann ihre Lobbyarbeit für ungehinderte Exporte an den Jemen-Kriegsteilnehmer Saudi-Arabien weiterhin als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen. Der Einsatz für Frieden und Menschenrechte dagegen fehlt auf der Liste der gemeinnützigen Zwecke
des einschlägigen Paragrafen 52 der Abgabenordnung.
Und es gibt noch mehr Versuche, die kritische Zivilgesellschaft in Deutschland einzuschränken: Ein der AFD nahestehender Staatsanwalt leitete gegen die Künstlergruppe „Zentrum für politische Schönheit“ Ermittlungen wegen der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ ein. Der Bundesinnenminister will die Bekanntgabe von Abschiebeterminen gegen Geflüchtete unter Strafe stellen. Die CDU forderte auf ihrem Bundesparteitag, der Deutschen Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Man bedenke: Ihr einziges „Vergehen“ ist, dass sie mit rechtsstaatlichen Mitteln auf die Einhaltung von Umweltgesetzen pocht.
Wir müssen anerkennen, dass es nicht nur in unseren Nachbarländern Ungarn und Polen, sondern auch in Deutschland Versuche gibt, politische Arbeit von der Zivilgesellschaft einzuschränken.
Unsere Friedensarbeit im Ausland ist für uns untrennbar mit einer kritischen Auseinandersetzung der Rolle Deutschlands und der Europäischen Union in Kriegen und Konflikten verbunden. Darum setzt sich das forumZFD ebenso wie mehr als hundert weitere gemeinnützige Organisationen für eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts ein. Als Sofortmaßnahme sollen unter anderem Frieden, soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Datenschutz, Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter in die Liste der gemeinnützigen Tätigkeiten aufgenommen werden.
Zivilgesellschaftliches Engagement ist für eine lebendige Demokratie unverzichtbar.
Deshalb fordern wir, dass die selbstlose Beteiligung an der politischen Willensbildung nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen darf. Für viele Initiativen, mit denen wir in unserer internationalen Friedensarbeit etwa im Nahen Osten oder auf den Philippinen zusammenarbeiten, gehört die Einschränkung ihres bürgerschaftlichen Engagements zum Alltag. Dass nun auch in Deutschland der Wirkungsraum zivilgesellschaftlicher Gruppen eingeschränkt werden soll, hätten wir uns vor wenigen Jahren noch nicht vorstellen können. Unsere Partnerorganisationen in vielen verschiedenen Regionen der Welt sind für uns im forumZFD Vorbild und Ansporn, entschieden für Frieden und Menschenrechte in Deutschland, Europa und weltweit einzutreten.