Demonstrieren ist gut – anpacken noch besser

Warum wir in der Migrationsdebatte auf das schauen müssen, was gut gelingt

Als die Rechercheplattform Correctiv zu Beginn des Jahres ein geheimes Treffen zur Deportation von Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aufdeckte, war der Aufschrei riesig. Zu Recht! Hunderttausende gingen seitdem gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Ein wichtiges Zeichen. Es wäre an der Zeit, das als Anlass für eine Wende in der Migrationsdebatte zu nehmen.
Demonstrieren ist gut – anpacken noch besser Header
© privat

Wenn ein Bundeskanzler „im großen Stil abschieben“ (Der Spiegel) will und ein Oppositionschef Geflüchteten „Sozialtourismus“ unterstellt, ist es wenig überraschend, dass Rechtsextreme ihre Ideen für mehrheitsfähig halten. Viel zu lange haben die Parteien versucht die AfD klein zu halten, indem sie einander mit Vorschlägen zur Begrenzung von Flucht und Migration überboten. Dabei ist es inzwischen eine Binse, dass diese Strategie die in großen Teilen rechtsextreme Partei nur noch stärker macht. 

Wir – die Gesellschaft, die Politik, die Medien – müssen Probleme zum Anlass nehmen, konstruktiv nach Lösungen zu suchen und viel stärker den Fokus darauf richten, was gut gelingt. Initiativen, wie der „Job-Turbo“ für Geflüchtete, den Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im vergangenen Jahr ankündigte, verdienen viel mehr Beachtung. „Arbeit ist die beste Integration“, so Heils Motto. Auch darüber kann und sollte man diskutieren. Aber eine zügige Integration in den Arbeitsmarkt ist auch mit Blick auf den Fachkräftemangel im Interesse aller. Immerhin: Nach Recherchen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung ist ein Großteil der Geflüchteten von 2015 mittlerweile in Lohn und Brot – viele sogar als Fachkräfte.

Frieden braucht Sie!

Danke für Ihre Unterstützung

Spenden

Und auch im Kleinen gibt es Erfolgsgeschichten, die viel öfter gehört werden müssen. Im Rahmen unserer Arbeit in der Kommunalen Konfliktberatung erleben wir immer wieder, was möglich ist, wenn Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen: Die Kleinstadt Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern hat zum Beispiel ganz aktiv darauf gesetzt, Begegnungsräume zwischen alteingesessener Stadtgesellschaft und migrantischer Community zu schaffen. So wurden Netzwerke geknüpft und Vorurteile abgebaut. Heute nehmen Menschen mit Migrationsgeschichte dort selbst Schlüsselpositionen bei der Integration von Zugewanderten ein. Von ihrer Erfahrung profitieren alle Beteiligten. 

Wir begegnen in unseren Projekten sehr vielen engagierten Menschen in Kommunen quer durch Deutschland, die mit ihren Ideen und ihrer Energie das Thema Integration anpacken. Wer mit billiger Polemik gegen Geflüchtete punkten will, stellt auch die Leistungen dieser Menschen und den Wert ihrer Arbeit in Frage. Ihre Erfolge verdienen Anerkennung. Ihren Geschichten müssen wir mehr Raum geben. Denn es gibt in Deutschland nicht nur Hunderttausende, die gerade gegen Rechts auf die Straße gehen, ebenso viele setzen sich jeden Tag für unsere Demokratie ein. 

Hauke Steg und Piet van Riesenbeck arbeiten zum Thema „Kommune & Konflikt“ im forumZFD.