Das libanesische Bildungssystem unterliegt den verschiedenen konfessionellen und/oder politischen und gesellschaftlichen Strömungen im Land – Schulen und andere Institutionen richten ihren Schwerpunkt im Geschichtsunterricht oft nach den eigenen politischen und religiösen Ansichten aus. Die libanesische Regierung tut sich schwer in der Genehmigung überarbeiteter (vereinheitlichter) Lehrpläne, sodass der Lehrstoff für das Fach Geschichte noch derselbe ist wie im Jahr 1971. Umstrittene Ereignisse wie der Bürgerkrieg und die Nachkriegszeit werden also im Unterricht nur selten behandelt. Die Gefahr besteht hier in der Verbreitung gefärbter Ansichten über die vergangene und aktuelle Gewalt im Libanon und in der Verstärkung von Narrativen der Viktimisierung, der Weitergabe von Stereotypen und der Rechtfertigung von Konfliktlinien und Aggressionen gegen andere.
In Kooperation mit seinen Partnern A Step Away und dem Lebanese Center for Civic Education (LCCE) hat das forumZFD im Rahmen seines Programmbereichs Dealing with the Past ein Handbuch zum Thema Kriegserinnerungen mit dem Titel „The Memory of War“ erstellt. Es erleichtert Lehrkräften und Mitarbeitenden von NGOs die Diskussion über vergangene und aktuelle Gewalt im Libanon. Es nutzt Techniken der konstruktiven Bearbeitung von Erinnerungen und soll Jugendlichen (ab 14 Jahren) eine Aufarbeitung der schmerzvollen Vergangenheit ermöglichen und unter ihnen ein Bewusstsein schaffen für die Folgen gewaltvoller Konflikte und die Rolle der Erinnerung im Versöhnungsprozess. Das Handbuch erzählt persönliche Geschichten und Erfahrungen von Menschen, die den Krieg miterlebt haben und liefert so einen sicheren Ausgangspunkt für einen Diskurs über das kollektive Kriegsgedächtnis.
Das Material wird in zwölf thematischen Kapiteln in Form von interaktiven Übungen, Zeitzeugenberichten, Zeitungsartikeln und Bildern aufbereitet. Jedes Kapitel kann mühelos in den Unterricht oder in außerschulische Angebote integriert werden oder Anregungen für Workshops bei der gemeinnützigen Arbeit liefern. Das Handbuch wird ergänzt durch die Dokumentation „When We Grew Up Amid War“: In vier Kurzfilmen (Friendly Fire, Crossings/Feeling alive, Shrapnel, That's how we are going to continue?) werden Personen verschiedener Hintergründe portraitiert, die den Krieg als Kinder und Jugendliche selbst miterlebt haben.
Das Handbuch steht auf Arabisch und Englisch zum Download zur Verfügung. Das Team des Programmbereichs Dealing with the Past arbeitet gerade an einer Überarbeitung des Handbuchs.
Des Weiteren organisieren wir Schulungen für Akteur*innen der Zivilgesellschaft und Lehrkräfte an weiterführenden Schulen zum Handbuch. Darin lernen sie, wie Diskurse über umstrittene historische Ereignisse unter Miteinbeziehung unterschiedlicher Kriegsnarrative gefördert werden können. Außer dem Handbuch umfasst die Schulungsreihe unter anderem Elemente zur Gewaltfreien Kommunikation, zur individuellen und kollektiven Identität und zur Selbst- und Fremdakzeptanz. Für weiterführende Informationen kontaktieren Sie uns gerne.
Mehr Informationen zum Projekt finden Sie in der Kurzbeschreibung (englischsprachig).