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Serbische Regierung verbietet Kulturfestival von Aachener Friedenspreisträger

Das Verbot des serbisch-kosovarischen Festivals „Mirëdita, Dobar Dan!“ ist ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen um Dialog und Verständigung in der Region, kommentiert das forumZFD.

Gedenkveranstaltung Belgrad (Serbien) an den Völkermord in Srebrenica
© forumZFD

Nur wenige Stunden vor dem geplanten Beginn hat das serbische Innenministerium gestern, am 27.06.2024, das Festival „Mirëdita, Dobar Dan!“ (Albanisch und Serbisch für „Guten Tag“) in Belgrad verboten. Mit einer schriftlichen Anordnung wurden alle geplanten Aktivitäten mit sofortiger Wirkung untersagt. Als Grund wurden Sicherheitsbedenken genannt, da vor dem Veranstaltungsgelände rechte Gruppen und Hooligans gegen das Festival protestierten.

„Das Verbot ist ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen um Dialog und Verständigung zwischen der serbischen und der kosovarischen Gesellschaft“, erklärte Alexander Mauz, Vorstandsvorsitzender des Forum Ziviler Friedensdienst e.V. (forumZFD). „In einer demokratischen Gesellschaft müssen derartige Veranstaltungen möglich sein.“ Das forumZFD und der Aachener Friedenspreis e.V., dessen diesjähriger Preisträger zu den Veranstaltern gehört, forderten die serbische Regierung nachdrücklich auf, das Festival zuzulassen und vor Angriffen zu schützen.

Ein Projekt für Verständigung und Aussöhnung 

Das zweitägige Kultur-Festival „Mirëdita, Dobar Dan!“, das seit 2014 abwechselnd in Serbien und im Kosovo stattfindet, wird von der Nichtregierungsorganisation „Integra“ aus Pristina und der „Youth Initiative for Human Rights“ (YIHR) veranstaltet. Die YIHR ist eine langjährige Partnerorganisation des forumZFD und setzt sich bereits seit über 20 Jahren im Westlichen Balkan für Verständigung und Aussöhnung ein. Durch Austauschprogramme für Jugendliche aus Serbien, Kroatien, Montenegro, dem Kosovo sowie Bosnien & Herzegowina trägt sie dazu bei, Feindbilder und Ressentiments abzubauen. Insbesondere engagiert sich die YIHR für die Aufarbeitung der Balkankriege, bis heute ein kontroverses Thema in der Region, in der Revisionismus und Nationalismus weit verbreitet sind. Für ihr langjähriges Engagement wird die YIHR am 1. September 2024 mit dem diesjährigen Aachener Friedenspreis ausgezeichnet.

Gegen das nun erfolgte Verbot des Kultur-Festivals protestierten die Veranstalter scharf: „Mit dieser Anordnung verstößt das Innenministerium gegen die serbische Verfassung, insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit“, erklärten Integra und YIHR in einer schriftlichen Stellungnahme. Sie berichteten, dass selbst hochrangige Mitglieder der serbischen Regierung bereits im Vorfeld durch öffentliche Äußerungen Hass geschürt hätten. In den vergangenen Tagen versammelten sich auf dem Platz vor dem Veranstaltungsgebäude Neo-Nazi-Gruppen und Hooligans, die gegen das Festival protestierten und den Zugang zum Gelände blockierten. An die Organisatoren wurde eine Bombendrohung geschickt und im Netz kursierten Hass- und Gewaltandrohungen.

Festival wurde nicht ausreichend geschützt

Trotz dieser klaren Bedrohung habe das Innenministerium keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um das Festivals zu schützen, kritisierten Integra und YIHR. Der Staat stelle sich auf die Seite der rechten Gruppen und der Hooligans, anstatt demokratische Rechte zu verteidigen: „Die grundlegende Aufgabe des Staates ist es, die gesetzmäßig garantierten Freiheiten und Rechte zu gewährleisten und diejenigen angemessen zu bestrafen, die dagegen verstoßen oder sich dagegen organisieren.“ Teilnehmende, die mit dem Bus unterwegs waren, wurden bereits auf dem Weg von der serbischen Polizei an der Weiterreise gehindert.

Alexander Mauz, Vorstand Programme und Qualifizierung

Zivilgesellschaftliche Initiativen wie Integra und die Youth Initiative for Human Rights sollten gefördert, nicht in ihrer Arbeit behindert werden.

Alexander Mauz
Vorstandsvorsitzender des forumZFD

„Das Verbot des Festivals und die Äußerungen von Mitgliedern der serbischen Regierung gegen die Veranstaltung untergraben die Bemühungen um Frieden und eine Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo“, betont Alexander Mauz, Vorstandsvorsitzender des forumZFD. „Die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Versöhnung zwischen den Ländern des Westlichen Balkans sind ein zentraler Bestandteil des Wegs in die Europäische Union. Zivilgesellschaftliche Initiativen wie Integra und die Youth Initiative for Human Rights leisten einen wichtigen Beitrag dazu und sollten gefördert, nicht in ihrer Arbeit behindert werden.“

Veranstalter wollen sich nicht entmutigen lassen

Auch der Aachener Friedenspreis e.V. zeigte sich entsetzt über das Verbot. Pressesprecherin Lea Heuser erklärte: „Junge Menschen haben den Krieg der 1990er Jahre nicht erlebt. Im Alltag sind sie ständig mit Heldengeschichten über die eigenen Leute und Hass gegen die 'Anderen' konfrontiert und es braucht organisierte, geschützte Räume, um Begegnung und Annäherung zuzulassen. Das jetzt aus angeblichen Sicherheitsgründen abgesagte Festival wäre ein solcher Ort der Begegnung und des Dialogs gewesen.“

Die Veranstalter des Festivals haben angekündigt, juristisch gegen das Verbot vorzugehen und sich trotz allem nicht entmutigen zu lassen: „Die Botschaft der Versöhnung ist heute wichtiger denn je und es gibt einen dringenden Bedarf, einen Raum für Dialog zwischen beiden Gesellschaften zu schaffen, um den Frieden zu fördern. Wir werden nicht nachlassen in unseren Bemühungen, den Raum für die Zusammenarbeit zwischen Serbien und dem Kosovo weiter auszubauen.“

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