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Nahost: Humanitäre Schutzwache sichert Hilfskonvois

Friedensaktivist*innen schützen Hilfslieferungen nach Gaza vor Angriffen

Während die israelische Regierung die Lieferung lebensnotwendiger Güter nach Gaza eingeschränkt hat, haben rechtsgerichtete Israelis die Ankunft von Hilfsgütern im Gazastreifen gewaltsam verhindert. Als Reaktion darauf organisierte die jüdisch-arabische Bewegung „Standing Together“ eine humanitäre Schutzwache, bei der Aktivist*innen den Weg der Hilfskonvois schützen.

 

Im April begannen erschreckende Bilder die sozialen Medien zu überfluten: israelische Siedler*innen, die Hilfskonvois auf dem Weg nach Gaza angreifen. Oft zeigten die Aufnahmen, wie die Polizei untätig danebenstand, während Lastwagen geplündert und Essenspakete zerstört wurden. Diese Plünderungen basieren auf der Überzeugung rechtsextremer Aktivist*innen, dass keine Hilfsgüter nach Gaza gelangen sollten, solange dort noch israelische Geiseln festgehalten werden. Im Gegensatz dazu setzen sich hunderte israelische Friedensaktivist*innen dafür ein, dass die Lastwagen sicher durchkommen, um die Menschen in Gaza mit dringend benötigten Gütern zu versorgen.

Im Mai organisierte „Standing Together“ eine humanitäre Schutzwache am Kontrollpunkt Tarqumiyah im südlichen Westjordanland. Dieser Grenzübergang dient als Hauptroute für alle Hilfskonvois von Jordanien nach Gaza und wird von Fahrzeugen und Menschen genutzt, um von den besetzten palästinensischen Gebieten nach Israel zu gelangen.

Freiwillige im Einsatz

Mehr als 2.000 Menschen meldeten sich als Freiwillige für die humanitäre Schutzwache von „Standing Together“. Zwei Wochen lang waren jeden Morgen Freiwillige vor Ort, um Siedler*innen daran zu hindern, die Lastwagen und ihre Ladung anzugreifen. Trotz gelegentlich angespannter Situationen sorgte die Anwesenheit der Freiwilligen dafür, dass die israelische Polizei eingriff, um Eskalationen zu vermeiden. Suf Patishi, Mitglied von „Standing Together“, betonte das Ziel der Bewegung: „Wir wollen, dass die Polizei kommt und ihre Arbeit macht. Wir haben schon Videos gesehen, in denen Lastwagen angegriffen werden und die Polizei im Hintergrund nichts tut. Indem wir hier sind, zwingen wir die Polizei, zu handeln und den Gewalttaten ein Ende zu setzen.“

Ein Freiwilliger der humanitären Schutzwache sagte: „Jeder dieser Lastwagen könnte das Leben eines fünfjährigen Kindes retten oder ihm zumindest ein wenig mehr Zeit verschaffen, bis Israel seinen Krieg beendet.“ Ein anderer fügte hinzu: „Ich fühle mich sehr gestärkt. Diese sieben, acht Monate Krieg und das Töten der Menschen im Gazastreifen – jetzt kann ich endlich etwas tun, um den hungernden Menschen zu helfen.“

Stimmen für Frieden

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Nach zwei Wochen unermüdlicher Arbeit von „Standing Together“ erklärte eine der Gruppen, die Angriffe auf Hilfskonvois organisiert hatte, dass sie ihre Aktivitäten einstellen werde. Daraufhin schrieb Alon-Lee Green, Mitbegründer von „Standing Together“, am 2. Juni in den sozialen Medien:

Ich sage diese Botschaft mit Vorsicht, aber entschlossen. Es scheint, dass wir die Siedler*innen an den Kontrollpunkten besiegt haben, dieselben Siedler*innen, die versucht haben, Hilfsgütertransporter zu blockieren und anzugreifen. Jeden Tag, an dem wir an den Kontrollpunkten standen, schafften es alle Lastwagen, vom ersten bis zum letzten, den Gazastreifen zu passieren und den hungernden Menschen dort Lebensmittel und Hilfsgüter zu liefern. Wir waren da und zwangen die Polizei zum Handeln. Und jetzt, da wir gewonnen haben, geht diese Botschaft an die Siedler*innen: Wenn ihr wieder mit der Blockade beginnt, werden wir euch wieder blockieren. Ihr versucht, die Hilfstransporter anzugreifen? Die humanitäre Schutzwache wird mit mehr als tausend Freiwilligen zu den Kontrollpunkten zurückkehren und sicherstellen, dass die Menschen Hilfe und Lebensmittel erhalten. Für uns ist das kein Spiel. Es ist ein echter Kraftakt, die Lastwagenfahrer*innen zu schützen, die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten und ihnen den Zugang zu Nahrung zu ermöglichen. Es ist auch ein Kampf für unsere Gesellschaft und die Frage, was für eine Art von Gesellschaft wir sein werden. Wir entscheiden uns für eine Gesellschaft, die den Tod nicht verherrlicht, sondern sich für die Erhaltung des Lebens einsetzt.

Unzureichende Versorgung des Gazastreifens

Nach dem 7. Oktober kündigte der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant eine vollständige Belagerung des Gazastreifens an und blockierte die Lieferung von Wasser, Lebensmitteln und Treibstoff. Aufgrund des zunehmenden internationalen Drucks wurde die Durchfahrt humanitärer Konvois allmählich wieder aufgenommen. Diese reichen allerdings noch immer nicht aus, um Millionen von Menschen zu ernähren und den Zugang zu medizinischen und sanitären Versorgungsgütern zu gewährleisten. Zudem können humanitäre Organisationen nicht unter sicheren Bedingungen arbeiten, und mehr als 200 Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen wurden bereits im Gazastreifen getötet. Schon vor dem derzeitigen Krieg waren 80 % der Bevölkerung des Gazastreifens auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. Die Einstellung der humanitären Maßnahmen bedeutet daher eine Verschärfung der Ernährungsunsicherheit für eine ohnehin schon gefährdete Bevölkerung.

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